Sonntag, 9. Dezember 2007

Polizei und Kreisverwaltungsreferat lassen rot-grüne Stadtregierung auflaufen


München: Die Stadt der No-Go-Areas

„Die SPD sagte schon 1990: ,Wir schaffen Platz für Kinder und nicht für Autos’“, mit diesem Zitat zieht OB Ude in den Kommunalwahlkampf 2008. Und die Spitzenkandidatin der SPD-Stadtratsliste Bürgermeisterin Christine Strobl stößt ins gleiche Horn und zieht mit dem Slogan „Wir schaffen Platz für Kinder“ von Wahlveranstaltung zu Wahlveranstaltung. Der Rathauspartner der SPD, die Grünen starten 2007 eine neue Kampagne unter dem Titel „Die Renaissance des öffentlichen Raums“ und loben ihre eigene Politik der letzten Jahre zur Belebung des öffentlichen Raumes. Abseits spektakulärer parteipolitischer Rhetorik und singulärer Events wie etwa des Steetlife-Festivals oder diverser Straßenfeste sieht die alltägliche Realität des öffentlichen Raums in München eher bescheiden aus: Dank der Politik des städtischen Kreisverwaltungsreferats (KVR) und der dem bayerischen Innenministerium unterstellten Polizei ist in München wie kaum in einer europäischen Großstadt der öffentliche Raum ein Raum für Autos und nicht für Menschen.

Dort wo der öffentliche Raum nicht durch spektakuläre Platzgestaltungen wie in de Fußgängerzonen, auf den zentralen Plätzen oder in Parkanlagen von Durchgangs- und ruhenden PKW-Verkehr freigehalten wird, also überall dort, wo sich das Alltagsleben der Münchner und Münchnerinnen abspielt, auf dem Bürgersteig vor den Wohnhäusern, in den Straßen, die zum nächsten Supermarkt oder zum Hausarzt führen, an den Ecken und Plätzen in der Nachbarschaft, überall dort herrscht Vorrang für das Auto.

„Bei großem Parkdruck“ in einer Straße duldet die Polizei ganz offiziell das Parken auf dem Gehsteig, was dazu führt, dass in diesen Bereichen (tendenziell das ganze Stadtgebiet) Fußgänger das Nachsehen haben. Bürgersteige werden als Straßenraum umgewidmet und das KVR deckt diese Praxis. Jedem Bürger und jeder Bürgerin, die diese Praktik in Beschwerdeschreiben an die Stadtverwaltung kritisiert, wird vom KVR ausführlichst auf die Politik der Polizei hingewiesen und um Verständnis dafür gebeten. Die KVR stützt die absurde Praxis der Polizei und wendet sie auch selbst an, wo es zuständig ist (also in den Bereichen der Kommunalen Verkehrüberwachung innerhalb des Altstadtrings und im Lehel), obwohl es weiß, dass diese Praxis zu katastrophalen Verhältnissen in vielen Straßen führt.

Ganze Straßenzüge in allen Stadtvierteln sind für Fußgänger nahezu unpassierbar. Dort wo Gehsteigparken von Polizei und KVR erlaubt wird, ist ein normales Nebeneinandergehen von zwei Personen in der Regel nicht mehr möglich. De facto wird der Bürgersteig so zum erweiterten Fahrbahn, auf dem Fußgänger geduldet werden, wenn sie sich den Umständen anpassen, also etwa im Gänsemarsch hintereinander gehen oder bei Bedarf auf die Fahrbahn ausweichen. Für Kinder, Menschen mit Kindern(wagen), für Behinderte im Rollstuhl, für Sehbehinderte und Blinde, für alte Menschen und viele andere Gruppen werden viele dieser Straßen tatsächlich zur No-Go-Area, sie sind unpassierbar bzw. lebensgefährlich (wenn auf die Fahrbahn ausgewichen werden muss).

Die Politik von Polizei und KVR konterkariert die offizielle Stadtpolitik. Während die rot-grüne Rathausmehrheit mit viel Aufwand und Geld neue Fußgängerbereiche und Parkanlagen ausweist, verkommt der „alltägliche“ öffentliche Raum, also die Bürgersteige und für Fußgänger eingerichteten Flächen vor den Wohnhäusern und Geschäften der Nachbarschaft zur menschenfeindlichen PKW-Abstellfläche und das mit Unterstützung von Polizei und KVR. Warum lässt die rot-grüne Stadtratsmehrheit das zu?



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